Normalerweise kann ich weiter als bis 3 zählen, doch an diesem Tag fehlte mir einiges zum sonst zur Verfügung stehenden Denkpotential. Klar das Decal lag, wie bei einer echten 69er üblich, unter der feinen Nitrolackierung des Headstocks. Alles wie bei einer echten 69. Doch darüber machte ich mir in diesem Moment keine Gedanken. Auch die übertrieben gestalteten Risse im Lack beunruhigten mich wenig. Die Frage - warum da ein neues Decal aufgebracht wurde - stellte sich mir in diesem Moment gar nicht. Erst viel später, als ich wieder einigermaßen fit und fieberfrei war, beschäftigte mich diese Problematik !
Kein Wunder, dass mich bei diesen Gedanken bald nichts mehr im Bett halten konnte.
Fakes bekomme ich immer wieder einmal zu Gesicht. Meist sind das Gitarren, die größtenteils aus Originalteilen unter Verwendung von reproduzierten Teilen in einen Zustand gebracht werden, der so manchen Käufer, gelinde gesagt überfordert. Der verunsicherte Erwerber schickt mir dann solch eine Gitarre oder kommt persönlich damit vorbei. Von einem Fake spreche ich dann, wenn der Verkäufer - aus welchen Gründen auch immer - "vergessen" hat über die Abweichung oder Änderung zu unterrichten.
Und dann sah ich plötzlich Dinge.....Ich traute meinen Augen nicht, als ich mir nun die einzelnen Bauteile genauer anschaute.
Schon seit längeren war die Durchsicht der Gitarre vereinbart. Der Besitzer beschrieb sie am Telefon als eine 69er Stratocaster in sunburst. Laut Aussage des Verkäufers - alles Original in einem umwerfenden Zustand. Die ersten Bilder gefielen mir. Zum vereinbarten Besichtigungstermin lag ich mit einer Sommergrippe im Bett. So wurde mir die Gitarre zugeschickt. Als sie dann ankam, hielt mich selbst das Fieber nicht davon ab, einen ersten Blick darauf zu werfen.Das falsche Decal fiel mir sogar im Fieberwahn sofort auf.
Interessanterweise kommen die meisten Leute erst nach dem Kauf mit der fraglichen Neuerwerbung auf mich zu. Enttäuschungen gab es dabei immer. Da ist mal an der Brücke ein falscher Saitenreiter oder auch schon mal ein Pickup verbaut, der nicht zum Baujahr passt oder gar nicht von Fender hergestellt wurde. Die Tuner passen nicht zum Baujahr oder ein nicht passender Poti sorgt für eine nicht ganz originale Toneinstellung.
Schlimmeres war bislang seltener der Fall. Aber auch solche Fälle sind schon vorgekommen. Da sind nicht erwähnte Fräsungen eher kleinere Bagatellen. Refins, falsche Hälse, gefakte Bodies gehören zu den massiveren Täuschungen. Bislang waren solche Sachen aber nicht an der Tagesordnung und außerdem - auf Grund der mehr oder weniger großen Abweichungen vom Originalteil - schnell ausgemacht.
Seit ein paar Wochen bemerke ich allerdings einen Anstieg. Dabei sind es weniger die kleineren Delikte. Nein, die Qualität solcher Täuschmanöver ist auf einem neuen Niveau angelangt. Mehr und mehr Holzteile stammen aus fragwürdigen Quellen. Hinzu kommt, dass diese täuschend echt wirken und nur noch von wirklichen Experten gefunden werden. Mittlerweile wissen wir ganz genau woher diese Fakes stammen. Größtenteils sind das Gitarren, die auf höchsten Niveau, aus alten Hölzern produziert werden. Auf dem ersten Blick ein wahrer Augenschmauß. Veredelt werden diese beinahe deckungsgleichen Teile durch alte Originalteile, sofern sie verfügbar sind. Falls nicht, werden sie einfach optisch angepasst. Stempel, Farbe und Maße werden so hingebogen, dass das ungeschulte Auge die Täuschung kaum erkennt.
Und dann kam diese Gitarre von der ich hier berichten möchte.
Fake-Alarm !