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  Exkurs

Marcus Deml - Interview - Healing Hands




Schon ein paar Tage vor dem offiziellen Verkaufstart von "Healing Hands", überraschte mich Marcus Deml, der übrigens schon seit vielen Jahren Vintagestrats.de-Member ist, mit seinem neuen Instrumentalalbum.

Um es gleich vorweg zu nehmen, ich war nicht nur von der Gestaltung des Booklets schwer beeindruckt. Es verspricht nicht nur viel Freude für echte Marcus Deml Fans, auch die Liebhalter alten Gitarrenequipments kommen voll auf ihre Kosten. Ein Instrumentalalbum wie man es sich als Marcus Deml Fan wünscht. Melodische Stücke, feinste Gitarren- (vorwiegend Strat-) Sounds.

Unglaublich, wie es Marcus immer wieder gelingt, viel Gefühl über seine Musik, seinem Gitarrenspiel zu vermitteln. Toll, wie viele musikalische Einflüsse zu entdecken sind. Mehr möchte ich gar nicht verraten über "Healing Hands". Soll sich doch jeder sein eigenes Bild darüber machen! :-)

Ein paar Tage später telefonierten wir, sprachen eine Weile über das neue Album und vereinbarten, ein kleines Interview zu machen.

"Ich möchte den Vintagestrats.de Lesern etwas von meinen Instrumenten und Erfahrungen vermitteln", sagte mir Marcus.
Und so hatte ich wieder einmal das Vergnügen, den stets ideenstrotzenden und deshalb schwer beschäftigen Marcus Deml über das neue Album, aber auch zu anderen Themen zu befragen.

+++

Vintagestrats.de:
Hallo Marcus, zunächst einmal vielen herzlichen Dank dafür, dass wir uns wieder einmal treffen können. Seit unserem letzten Interview ist so viel passiert, selbst in der harten Corona-Zeit warst du schwer aktiv und hast ordentlich produziert. Das Resultat, dein neues Instrumentalalbum "Healing Hands". Ich lausche der CD seit Tagen und schwelge dabei in Vintage-Gitarren-Träumen :-).

Warum ein instrumentales Album, das auch noch stilistisch unglaublich breit gefächert ist?


Marcus:
Kommerzieller Selbstmord! ;-)

Nachdem mir klar war, dass es lange keine Normalität mehr geben wird, musste ich etwas machen, was mich wirklich erfüllt. Ich ging täglich in mein Studio und begann schon früh morgens mit den Aufnahmen. Ich empfand überhaupt keinen Druck, da der Lockdown eine gesunde "Egal-Haltung" in mir auslöste. Platten generieren - aufgrund der Streamingportale - sowieso kein Geld mehr für die Künstler, also konnte ich auch beruhigt das komponieren und aufnehmen, was bei mir auf ganz natürliche Art und Weise entsteht und was mir Spaß macht.
Ich mutierte also zu meinem 15-Jährigen ich ;-)



Vintagestrats.de:
Was mir als Vintagegitarren-Fan ganz besonders gut gefällt, ist die Tatsache, dass Du dich gerne mit alten Gitarren umgibst. Sind Vintage-Gitarren die bessere Wahl für einen Marcus Deml?


Marcus:
Man kann nicht pauschal sagen, dass Vintage Gitarren so viel besser sind.

Sie sind anders!

Meiner Meinung nach benötigt man ein Instrument, das von einem sehr guten Spieler tausende von Stunden bespielt wurde. Erst eine intensive Nutzung durch den Gitarristen lässt diese unglaublichen guten Gitarren entstehen.
Unbespielte (Vintage) Gitarren sind für mich oft uninteressant. Ich habe unberührte 50's Strats gespielt, die wirklich nur „gewöhnlich“ geklungen haben.
Erst nach ca. 500 Spielstunden erkennt man das Klangpotential einer Gitarre.



Vintagestrats.de:
Wie wichtig ist deiner Meinung nach der Amp für den optimalen Strat-Sound?


Marcus:
Ich suche immer auch die perfekte Kombination von Gitarre und Amp für den jeweiligen Song. Dazu benötigt man eine Soundvorstellung, die man mit den richtigen Tools umsetzt.

Die Gitarre ist am nähesten an meinem Körper. Für mich ist sie das wichtigste Glied in der Kette.
Meine Lieblingsstrats klingen über fast jeden Amp toll.

Um dem Hörer des neuen Albums "Healing Hands" so viel Transparenz wie möglich mit auf den Weg zu geben, habe ich im Booklet, für jeden einzelnen Song, eine genaue Liste des verwendeten Gitarrenequipments aufgelistet.



Vintagestrats.de:
Eine coole Sache, die Schule machen sollte. Ich habe das Booklet mit viel Interesse gelesen und dabei die CD gehört.

Mir ist bekannt, dass in deinen Lieblingsgitarren Replacement-Pickups von Andreas Kloppmann verbaut sind. Warum Replacements und keine originalen Vintage-Pickups?


Marcus:
Versuche einmal gute Originale zu bekommen! Im Moment sehr schwierig :-)
Aber....  (erhobener Zeigefinger) Vintage-Pickups klingen, bedingt durch den Alterungsprozess, denk nur mal an die zunehmende Entmagnetisierung, immer etwas anders. Ich bevorzuge tatsächlich die Kloppmann Replacements, da sie sehr ähnlich und für meine Ohren etwas offener klingen.

Vielleicht ist das der Grund warum ich meine 63' Dakota Red nicht auf dem Album gespielt habe…



Vintagestrats.de:
Marcus, wie wir alle wissen, bist Du ein großer Strat-Fan. Welche Komponenten unserer Lieblingsgitarre haben den größten Einfluss auf den Sound der Stratocaster?


Marcus:
Holz ist für mich die wichtigste Komponente. Ich habe mir vom Hamburger Gitarrenbauer Guido Gregor sechs verschieden Strats mit unterschiedlichen Hölzern bauen lassen. Die Unterschiede waren wirklich erstaunlich. Darunter Strats aus Mahagoni, Korina oder Canadien White Wood. Selbst zwei Erle-Bodies, die aus dem Holz des gleichen Baumes gebaut wurden, klingen unterschiedlich.
Die andere Komponente, die erstaunliche Unterschiede offenbarte, war das Tremolo. Wir nahmen die Tremolos von fünf verschiedenen Herstellern für die gleiche Gitarre und staunten.  ;-)
Erst danach kommen für mich die Pickups, da ich das Instrument immer erst akustisch checke. Wenn dann Sound und Feel stimmen, geht es an den Amp. Wenn ich dann das Gefühl habe, dass die Pickups den akustischen Klang nicht transportieren, wechsle ich sie.



Vintagestrats.de:
Marcus, aus vielen Gesprächen ist mir bekannt, dass Du ein echter Klanggourmet bist. Dein Anspruch endet nicht hinter der Gitarre und dem Amp. Genauso wichtig ist dir ein qualitativ hochwertiger Sound auf dem Tonträger. Wie erreichst Du deine anspruchsvollen Ziele?


Marcus:
In allererster Linie wird die Musik vor dem Mikrofon gemacht.  ;-)
Das Studio kann nichts herbeizaubern, was nicht da ist. Allerdings kann ein schlechter Mix, oder schlechtes Equipment dem Sound sehr schaden.

Ich verwende immer nur ein Mikro. (TUL G12) Das mirkrofoniert meine bevorzugte 4x12 Marshall Box mit Celestion Vintage 30s.
Von dort geht es in einen Vintage API 312 MicPreamp 
Ich nehme immer nur das trockene Signal auf. Hall und Delay werden erst im Mix hinzugefügt. Der einzige „Effekt“ vor dem AMP, ist mein Sweet Elephant Overdrive.

Die größte Erkenntnis für mich war vor einigen Jahren, dass jedes Instrument ein Frequenzfenster besitzt. Wenn diese „Fenster“ sich untereinander bekämpfen,
kann die Gitarre alleine großartig, aber im Mix total mickrig klingen.
Die meisten modernen Rockplatten haben einen großen Drumsound,
der einen Großteil des Frequenzspektrums einnimmt. Dadurch hat die Gitarre nur wenig Chancen „groß“ zu klingen.

Natürlich ist auch das Mastering sehr wichtig.
Zu viel Kompression zerstört alle Feinheiten, und der Master EQ kann sehr unerwünschte Resultate für den Sound bringen.

Ich nehme bis auf die Drums alles selber auf und bin bei jeder Sekunde des Mixens dabei.
Ich lasse auch immer 2-3- verschiedene Masterings erstellen.
Man kann dabei schonmal richtig durchdrehen, aber egal, der perfekte (Gesamt-) Sound ist mir wirklich sehr, sehr wichtig.



Vintagestrats.de
Mittlerweile haben wir einiges über dein Equipment und deinem Anspruch erfahren, aber woher wusstest Du, dass die von dir genutzten Gitarren die richtigen Instrumente für "Healing Hands" waren?


Marcus:
(Marcus schmunzelt auf seine ganz spezielle Weise) Das ist natürlich eine sehr subjektive Geschichte. Bei mir fällt die Entscheidung innerhalb von Sekunden.
Ich habe mich in alle Gitarren, die Du auf dem Album hörst, sofort verliebt.
Daher haben wir dies auch mit einem Buch, mit Close-ups und der Geschichte zu jedem Instrument  dokumentiert.
Die Dokumentation findet ihr im Bookle zu "Healing Hands" – THE GUITARS. :-)



Vintagestrats.de:
Marcus, vielen herzlichen Dank für das aufschlussreiche Gespräch. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste. :-)

Ich darf vielleicht noch hinzufügen, dass es das neue Album ab dem 26.11.21 zu kaufen gibt.


Weiterführende Informationen findet ihr unter:

www.triplecoilmusic.com

www.marcusdeml.com